Per Harald Lökkevik - ODIN AG

Welt am Sonntag vom 18. November 2001

Die Juwelen liegen am Wasser

Von Thomas Heuzeroth

Berlin – „Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten

Die Friedrichstraße.“ Nicht nur Kurt Tucholsky träumte vom Haus am Meer. Seit jeher gehören Wasserlagen zu den beliebtesten Orten des Wohnens. Und natürlich zu den teuersten. „Unter drei Millionen Mark läuft fast gar nichts mehr in Europa“. Bestätigt Alexander Kraft, Europa-Manager des Immobilienmaklers Sotheby’s International Realty. Denn inzwischen ist es an den Ufern und Küsten eng geworden.

„Die Nachfrage ist gewaltig“, berichtet auch Dominic Graf Bernstorff, Inhaber von Landhaus Immobilien. Am liebsten wollten Interessenten von ihrem Grundstück aus ins Wasser steigen, zumindest aber draufschauen können. Nichts scheint Hauskäufer abzuschrecken, wenn das Nass in der Nähe ist. Egal, ob die Fassadenfarbe vom Salzwasser zerfressen wird, im Sommer Insekten die Bewohner zerstechen oder moderige Gerüche durch die Fenster ins Haus dringen.

Der Drank zum Wasser hat viele Gründe. Psychologen sprechen ihm eine beruhigende Wirkung zu. „Natürlich spielt auch der Freizeitwert eine Rolle“. Erklärt Kraft. Schwimmen, Segeln, Rudern. Und natürlich in der Sonne liegen. Auch das ist am Wasser angenehmer als im Binnenland. Doch wer einige Millionen für den Hauskauf in die Hand nimmt. Will diesen Wohlstand auch zeigen. Somit wird die Immobilie zum Prestige-Objekt. Denn Wasserlagen sind die rarsten Grundstücke. „Die kommen selten auf den Markt und gehen schnell weg“, bestätigt Kraft.

Wenn überhaupt. „Seelagen kommen erst gar nicht bis zum Makler“, beobachtet Bernstorff. Und sobald ein Angebot doch einmal auftaucht, werden hohe Liebhaberprämien gezahlt. Wer beispielsweise direkt am Starnberger See, Chiemsee oder Tegernsee wohnen will, muss schon Multimillionär sein. Auch Hauskäufer auf Sylt greifen tief in die Tasche. Kaum zu befriedigen ist nach Angaben von Bernstorff die Nachfrage für Grundstücke an der Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern.

Auch im europäischen Ausland stehen die Käufer Schlange. Die Spitzenplätze auf der Liste der teuersten Wassergrundstücke nehmen nach wie vor die französische Cote d’Azur ein, das italienische Portofino und natürliche Marbella und Mallorca. Auch Seegrundstücke in Österreich und der Schweiz erreichen Spitzenpreise. Lediglich in Griechenland sprechen Branchenbeobachter noch von einem „sich entwickelnden Markt“. Sotheby’s-Manager Kraft: „Mit ein wenig Glück findet sich dort noch etwas für unter einer Million Mark.“

Wer unbedingt viel Geld ausgeben will, muss aber nicht weit reisen. Top-Lagen in Berlin (Wannsee) oder Hamburg mit Blick auf Alster oder Elbe sind Gold wert. Da die Angebote in der Hansestadt aber selten geworden sind, weichen Interessenten in die Seitenstraßen entlang der zahlreichen Kanäle und Teiche aus. So zahlen Käufer für Grundstücke mit direktem Zugang zu den Alsterkanälen inzwischen Preise bis zu 20 000 Mark pro Quadratmeter – auf der gegenüberliegenden Straßenseite gibt es den Quadratmeter zum halben Preis.